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Anmerkung: In dem Beitrag sind versehentlich Aussagen von Richard Kreuzer (Liste bürgernahe Gemeindepolitik) dem CSU-Gemeinderat Richard Feihl zugeordnet worden. Die Redaktion bedauert diese Fehlleistung. Dies ist in dem untenstehenden Text korrigiert.

Satzung im Berger Gemeinderat

Absage an den Obrigkeitsstaat?

BERG (5. März 2017) – Die Verabschiedung der ersten Informationsfreiheitssatzung im Landkreis Neumarkt ist im Berger Gemeinderat vertagt worden und soll nun bei der nächsten Sitzung am Donnerstag, 16. März erneut auf die Tagesordnung kommen.

Bürgermeister Helmut Himmler (SPD) hat in einer Grundsatzrede an das Gemeinderatsplenum appelliert, die Satzung zu erlassen und damit die Bürger als "Partner" der Kommune anzunehmen. Es gehe auch um eine Absage an ein obrigkeitliches Staatsverständnis. Eine Mehrheit schien im Gemeinderat nach einer Diskussion möglich zu sein, doch ein Geschäftsordnungantrag vereitelte die Abstimmung. Der FWG-Fraktionsvorsitzende Hans Bogner begründete die Verschiebung damit, dass er einen "Schnellschuss" verhindern wolle. Inhaltlich äußerte sich Bogner zu der Satzung nicht.

Die Initiative zu der Satzung in Berg ging vom Ortsverband Neumarkt des Bayerischen Journalisten-Verbandes aus. BJV-Vorstandsmitgliedern war es Anfang Januar gelungen, Bürgermeister Himmler von dem Vorhaben zu überzeugen. Er ließ von seiner Verwaltungsleiterin Annemarie Götz einen Satzungsentwurf ausarbeiten und eine Woche vor der Sitzung den Gemeinderäten zuleiten. Der Entwurf sieht vor, dass jeder – also nicht nur Berger Gemeindebürger, sondern beispielsweise auch auswärtige Journalisten – "Anspruch auf freien Zugang" zu den bei der Kommune "vorhandenen amtlichen Informationen" hat. Die Kommune kann laut noch nicht in Kraft gesetzten Entwurf Auskunft erteilen oder sogar Akteneinsicht gewähren. Allerdings gibt es Informationen nur auf Antrag und gegen die Erstattung von Kosten.

 

Datenschutz gewährleistet

Der Berger Satzungsentwurf schreibt aber auch verschiedene Normen fest, denen zufolge Anträge abgelehnt werden können oder müssen. Dies betrifft beispielsweise personenbezogene Daten und Geschäftsgeheimnisse.

"Niemand wird sich der Entwicklung in den Weg stellen können", war sich Bürgermeister Helmut Himmler in seiner Grundsatzrede sicher. Kommunalpolitik könne nur noch "mit völliger Offenheit und mit den Bürgern auf Augenhöhe" gemacht werden. Prinzipiell müsse sich jeder die Frage beantworten, ob er ein traditionell "vertikales", obrigkeitsstaatliches Staatsverständnis habe. Unter diesen Bedingungen würden Bürger "nach Lust und Laune" mit Informationen versorgt. Sein Anliegen sei es, sich für ein grundlegend anderes Staatsverständnis einzusetzen, ein horizontales Verhältnis. Demnach würden die Bürger nicht als Objekt, sondern als Partner gesehen, die normierte Rechte auf örtlicher Ebene hätten.

Informationen und Akteneinsicht seien ein Bürgerrecht und keine "Wohltat", argumentierte der Rathauschef. Er setzte sich auch ausdrücklich dafür ein, dass Journalisten mit Hilfe einer solchen Satzung gute Arbeitsbedingungen hätten. Himmler wies darauf hin, dass alle Großstädte über solche Satzungen verfügten. Die Erfahrungen damit seien nur positiv. "Was kann man gegen eine solche Satzung haben?", fragte Himmler. Wer sie ablehne, der begreife die Bürger nicht als Partner. Es gebe keinen Grund, eine solche Satzung nicht zu erlassen. Das Berger Regelwerk sei von der Verwaltungsleiterin Annemarie Götz ausgearbeitet worden. Betroffen von einer solchen Norm sei weniger der Gemeinderat als die Berger Kommunalverwaltung und er als Verwaltungschef, betonte Helmut Himmler. "Es geht darum, den Bürger als selbstbewussten Partner anzunehmen."

 

Schutz der Pressefreiheit

Auch SPD-Gemeinderat Georg Späth befürwortete die Informationsfreiheitssatzung, weil sie klare Handlungsanweisungen enthalte. Davon würden auch Lokaljournalisten profitieren. Späth erinnerte daran, dass die Pressefreiheit angesichts der Attacken auf die Medien beispielsweise in der Türkei und in den USA eines besonderen Schutzes bedürfe.

Der Gemeinderat Richard Kreuzer (Liste bürgernahe Gemeindepolitik) drängte am Ende der Debatte wie FWG-Fraktionschef Hans Bogner auf Vertagung, um eine von Bürgermeister Helmut Himmler spontan initiierte Probeabstimmung im Gemeinderat zu verhindern. Zuvor in der Diskussion zeigte sich Kreuzer "etwas überrascht" von der geplanten Regelung, erklärte aber auch: "Das kann man machen." Gleichwohl habe er in Berg nie den Eindruck gehabt, dass eine solche Satzung nötig sei. Er gehe davon aus, dass die Gemeindeverwaltung nichts zu verbergen habe und jeder die Informationen bekomme, die er wünsche. Einen Bedarf sehe er eher in größeren Kommunen.

Angesichts des Satzungsentwurfes äußerte Kreuzer "Zweifel, ob der Bürger versteht, was er zu erwarten hat". Fraglich sei auch, ob die Satzung angesichts einer Auskunftsfrist von einem Monat für Journalisten überhaupt etwas bringe. Unbeantwortet sei für ihn die Kostenfrage. Kreuzer hatte offenbar übersehen, dass der Satzungsentwurf in § 8 eine detaillierte Regelung für den Kostenersatz vorsieht. Schließlich störte sich der Gemeinderat an seiner Ansicht nach "schwammigen Formulierungen" des Entwurfstextes und fragte nach einer Mustersatzung. Eine solche Mustersatzung – entwickelt aus zahlreichen bereits in Kraft befindlichen Regelwerken – hatte der BJV zuvor vorgelegt.

 

"Wir tragen die Verantwortung"

Nachdem vor der Berger Gemeinderatsdiskussion und nach Bekanntwerden der BJV-Initiative von dem Velburger Bürgermeister Bernhard Kraus (CSU) in seiner Eigenschaft als Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetages eine "Mustersatzung" gefordert worden ist, hat sein Berger Amtskollege Helmut Himmler mit dem Gemeindetag in München Kontakt aufgenommen. Er erhielt nach eigener Aussage die Auskunft: Vom Gemeindetag wird eine solche Mustersatzung nicht kommen. Die Kommunen sollten selbst die Texte ausarbeiten. Helmut Himmler: "Wir selbst tragen die Verantwortung für die Gemeinde."

Es gehe um ein grundsätzliches Bürgerrecht. Der Berger Bürgermeister wörtlich: "Die Zeiten sind vorbei, in denen man sich verbarrikadiert, es geht nur noch mit Offenheit und Transparenz." In Bayern habe man leider die Situation, das alle Initiativen von Grünen, Freien Wählern und der SPD für ein Landesinformationsfreiheitsgesetz von der CSU immer abgelehnt worden seien. Es sei unzutreffend, dass die Informationsfreiheit zu einer "Lähmung" der Verwaltung führe. Das seien "vorgeschobene Gründe". Eine kommunale Informationsfreiheitssatzung sei "wichtig und erforderlich", sagte Helmut Himmler.

Auch Himmlers Stellvertreterin, die CSU-Gemeinderätin Susanne Hierl, hatte Einwände: "Wir müssen nicht überall die Ersten sein und etwas festlegen, was sowieso gemacht wird." Allerdings geht aus der Stellungnahme der Rechtsanwältin kein grundlegender rechtlicher Einwand hervor. Susanne Hierl ist auch CSU-Kreisrätin, stellvertretende CSU-Kreisvorsitzende und Mitglied im oberfälzischen CSU-Bezirksvorstand.

 

"Einer muss es zuerst machen"

"Einer muss es zuerst machen im Landkreis Neumarkt", gab Bürgermeister Himmler zu bedenken. Die Bürger seien beim Thema Informationen ohne Rechte. Die Informationsfreiheitssatzung begründe Ortsrecht, das kein "Gnadenakt" mehr sei. "Die selbstbewussten Bürger erwarten das, es wird Bürger geben, die sich auf die Satzung berufen."

Helmut Himmler akzeptierte auch ohne förmliche Abstimmung den Wunsch von Hans Bogner (FWG) und Richard Kreuzer (Liste bürgernahe Gemeindepolitik), mit Verweis auf die Geschäftsordnung die Behandlung des Themas zu vertagen. Zu der von Himmler angeregten Probeabstimmung über die erste Informationsfreiheitssatzung im Landkreis Neumarkt kam es dann nicht mehr.

Einen Tag nach der Gemeinderatssitzung sagte der Rathauschef, das er das Thema am Donnerstag, 16. März, erneut auf die Tagesordnung setzen wolle. Er strebe einen "breiten Konsens" an und war zuversichtlich, den Gemeinderat am Ende von dem Vorhaben zu überzeugen. Immerhin gehe es um das grundsätzliche Verhältnis von Gemeinde, Bürgermeister und Bürgern.

WOLF-DIETRICH NAHR

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