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Neumarkt vor der Entscheidung

Setzt sich der Stadtrat mit Bürgerrechtsplänen durch?

NEUMARKT (12. Dezember 2017) – Bekommt die Kreisstadt Neumarkt wie zwölf andere Kommunen im Landkreis eine eigene Informationsfreiheitssatzung? Nach den bisherigen Diskussionen auf Stadtratsebene dürfte es im Neumarkter Kommunalparlament dafür eine Mehrheit geben. Allerdings wurde bisher intensiv über die Details des Bürgerrechts gestritten. Ausgang offen...

Sicher dürfte an der Schwelle zum Jahreswechsel 2017/2018 sein, dass die Neumarkter noch einige Geduld brauchen werden, bis es im Plenum des Stadtrates eine abschließende Diskussion und ein Votum geben wird: Die Hoffnung hatte sich zerschlagen, dass eine Verabschiedung in der November-Sitzung möglich sein würde, denn zu knapp folgten Senatssitzung und Stadtrat aufeinander. Bei der 45. Sitzung am 21. Dezember 2017 passiert in Sachen Informationsfreiheit nichts mehr. Die 46. Sitzung ist erst am 20. Februar 2018, also fast zwei Monate nach der Dezember-Session.

Was ist bisher geschehen? Die zentrale Diskussion fand im November im Verwaltungssenat statt: Hier kann man die Debatte nochmals nachlesen. Außerdem gibt es einen detaillierten Antrag der Stadtrats-SPD zur Informationsfreiheit. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorsitzenden aller Stadtratsfraktionen grundsätzlich für das satzungsmäßige Bürgerrecht sind – und mehr oder weniger weitreichende Änderungswünsche mit Blick auf die "Mustersatzung" des Gemeindetages formuliert haben.

Diesem Meinungsbild der "Volksvertretung" steht die Position von Oberbürgermeister Thomas Thumann (UPW) gegenüber. Er möchte am liebsten die "Mustersatzung" des Gemeindetages unverändert umsetzen. Inhaltliche Aussagen des OB zu Regelungsdetails sind bisher nicht bekannt geworden. Der OB hat allerdings in einem Interview mit den Neumarkter Nachrichten zum Ausdruck gebracht, dass er grundsätzlich für die Einführung der Informationsfreiheitssatzung ist.

Die großen Vorteile klarer Regeln

Thomas Thumann ist Jurist und Rechtsanwalt. Deshalb ist zu erwarten, dass der Verwaltungschef und Vorsitzende des Stadtrates die rechtsstaatlichen Vorteile eines verbrieften Bürgerrechts zur Informationsfreiheit erkennt. Eine solche lokale Norm bietet den großen Vorteil, dass Verwaltung und Bürger klare Regeln besitzen, wenn es um den Anspruch auf Information geht. Keine Anfrage wird mit mehr oder weniger Wohlwollen der Verwaltung behandelt, sondern die Abläufe, die Ansprüche und die Verweigerungstatbestände sind festgelegt und können gerichtsfest angewendet werden. Das schafft auch eine beruhigende Rechtssicherheit für die Verwaltungsangehörigen.

Das moderne Staatsgebilde auch auf lokaler Ebene zeichnet sich durch ein intaktes rechtsstaatliches Prozedere aus, das nur mit kodifizierten Gesetzen, Verordnungen und Satzungen funktioniert. Das Fehlen von solchen Normen schafft Grauzonen, die theoretisch willkürliches Handeln ermöglichen.

Was beweist das Fehlen von Beschwerden?

Die Gegner der formalisierten Informationsfreiheit auch im Landkreis Neumarkt argumentieren immer wieder, in ihren Kommunen sei noch nie irgendjemandem eine Information verweigert worden. Noch nie habe sich jemand beschwert, der das Gewünschte nicht erfahren habe. Bei dieser Argumentation sind Zweifel angebracht: Wenn der Bürger keinen rechtlichen Anspruch auf Information hat, dann wird er sich häufig erst gar nicht erkundigen. Ohne einen Rechtsanspruch auf Information wird sich kaum jemand beschweren, dass ihm Auskünfte verweigert worden sind.

Dann wird immer wieder bei dem Wunsch nach einer Informationsfreiheitssatzung argumentiert, man müsse auf Bürokratieabbau achten. Hier betreten die Gegner des Bügerrechts sehr dünnes Eis: Denn das Recht auf Information hängt mit der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit aus dem Artikel 5 des Grundgesetzes eng zusammen. Dies ist ein fundamentales und universelles Menschenrecht von internationaler Dimension. Will man allen Ernstes ausgerechnet gegen die Konkretisierung eines solchen Menschenrechtes "Bürokratieabbau" ins Feld führen?

Modellregion der Informationsfreiheit

Andere staatliche Stellen im In- und Ausland haben sich in den vergangenen Jahrzehnten mit Nachhaltigkeit für eine Konkretisierung des Menschenrechts eingesetzt: Entsprechende Normen gibt es auf Bundesebene, in den meisten Bundesländern (nur nicht in Bayern), in 110 Staaten weltweit, in inzwischen mehr als 90 Kommunen in Bayern, dabei in allen Großstädten des Freistaates außer Erlangen. Inzwischen ist der Landkreis Neumarkt allen Widerständen zum Trotz wahrscheinlich deutschlandweit eine Modellregion für Informationsfreiheit geworden: In keinem weiteren Kreis dürfte es eine höhere Dichte an Kommunen (12 von 19) mit einer Informationsfreiheitssatzung geben. Wie würde es aussehen, wenn ausgerecht die Kreisstadt Neumarkt nicht zeitnah auch ein solches Ortsrecht hinbekommen würde?

Der Teufel steckt im Detail

Allerdings ist nicht Satzung gleich Satzung: Die wirkliche Informationsfreiheit realisiert sich erst in entsprechenden Detailbestimmungen. Die Stadträte sollten sich vor einem Votum überlegen:

- Kann man nicht problemlos jedem Bürger auch außerhalb der Stadt Neumarkt dieses Informationsrecht in Bezug auf die Kommunalverwaltung zugestehen? Das Vorbild liefert die Gemeinde Berg, der Pionier im Landkreis.

- Muss man den Informationsanspruch wirklich auf Gemeindeangehörige beschränken, so dass beispielsweise außerhalb wohnende Journalisten sich nicht auf die Satzung berufen könnten? Wohnt ein Redakteur zum Beispiel in Deining oder Pyrbaum, dann würde er sich in Neumarkt nicht auf die Satzung berufen können, obwohl er hauptsächlich über Neumarkter Themen schreibt. Die Ortssatzung "kann" hier mehr als das herkömmliche Presserecht. Das sieht nämlich nirgends ein Recht auf Akteneinsicht vor – sehr wohl dagegen die Mustersatzung des Gemeindetages.

- Sollte man nicht wirklich die Gebühren-Daumenschrauben lockern und einfache und wenig aufwändige Auskunftsbegehren weitgehend kostenfrei stellen? Denn über eine restriktive Gebührensatzung kann letztlich das Informationsrecht komplett ausgebremst werden.

- Sollte man nicht die zwei bekannten Generalklauseln aus der Mustersatzung herausnehmen, mit deren Hilfe sich praktisch jedes Auskunftsbegehren abblocken lässt. Will man das neue Bürgerrecht wirklich einführen oder will man es nur pro forma einführen?

WOLF-DIETRICH NAHR