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Pyrbaum beschließt die 13. Informationsfreiheitssatzung

"Signal der Transparenz" mit angezogener Handbremse

PYRBAUM (3. Februar 2018) – Mit einem klaren Votum hat der Gemeinderat von Pyrbaum die 13. Informationsfreiheitssatzung im Landkreis Neumarkt in Kraft gesetzt. Zuvor hat der Gemeinderat in einer längeren Diskussion um die Details des neuen Bürgerrechts gerungen.

Mit 13:6 Stimmen fiel das Grundsatzvotum des Kommunalparlamentes in Pyrbaum zugunsten der Informationsfreiheit recht deutlich aus. Kampfabstimmungen über Einzelreglungen gab es allerdings nicht mehr, denn die zur Abstimmung aufgerufene Mustersatzung des Gemeindetages fand im Plenum eine 12:7-Mehrheit (zwei Gemeinderäten waren bei der Sitzung entschuldigt gewesen).

Die Satzung erlangt am 15. Februar 2018 ihre Wirkung. Sie ist bis zum Ende der Legislaturperiode am 30. April 2020 befristet. Das Informationsrecht können in Pyrbaum nur "Gemeindeangehörige" in Anspruch nehmen. Die Kommune folgt damit bewusst der Restriktion der Gemeindetags-Version: Bürger von außerhalb und ausdrücklich auch ortsfremde Journalisten sind ausgeschlossen. Dies war im Pyrbaumer Gemeinderat nicht unumstritten.

Ein Mandatsträger hielt nichts von einer solchen Beschneidung der Gruppe der Anspruchberechtigten und plädierte für ein "Signal der Transparenz". Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Lippmann bezeichnete eine solche Einschränkung als nicht sinnvoll. Vielmehr solle man das neue Ortsrecht als "Beitrag zur Weiterentwicklung der Demokratie" betrachten. Fraglos seien Journalisten bei ihren Recherchen auf Informationen angewiesen. Lippmann: "Wir haben doch nichts zu verstecken." Entscheidend sei ein "partnerschaftliches Verhältnis" zwischen Kommune und Medien. Monika Werft (Grüne) sah in einer freizügigen Regelung ein "wichtiges Signal für mehr Transparenz". Die Informationsfreiheitssatzung solle schlicht für alle Bürger gelten. Auch Gabriele Zehnder (CFW) forderte, die Kommune solle Offenheit zeigen und den Anspruch nicht auf Gemeindeangehörige beschränken.

Bürgermeister Guido Belzl hatte eingangs eingeräumt, dass andere Gemeinden auch auswärtige Bürger und Pressevertreter berücksichtigt hätten (derzeit sind es vier Kommunen, Stand: 1. Februar 2018). Doch man habe sich "auf Landkreisebene verständigt", die örtliche Informationsfreiheit "in erster Linie Gemeindeangehörigen zuzugestehen. Der Rathauschef begründete dies mit einer gewissen "Unsicherheit". Belzl: "Keiner weiß, was kommt." Der Bürgermeister verwies – wie schon etliche Amtskollegen vorher bei einschlägigen Debatten – auf die Rechte der Presse im Grundgesetz und in "anderen Vorschriften". Die Medien seien "weitgehend nicht darauf angewiesen".

Der BJV hat dagegen immer wieder argumentiert, die Mustersatzung des Gemeindetages sehe immerhin ein Akteneinsichtsrecht vor – ein solches ist in keiner in Bayern einschlägigen presserechtlichen Bestimmung vorgesehen. Zudem hätte ein Satzungsrecht der Presse eine starke Symbolwirkung gehabt. Umgekehrt sind die Medien bewusst und ausdrücklich ausgeschlossen worden. Hier spiegelt sich ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen der Presse und der Kommune wider. Die verfassungs- und menschenrechtlich verbriefte Kritik- und Kontrollfunktion der Medien wird mit dieser Nicht-Regelung mittelbar in Frage gestellt.

Ein Gemeinderat pochte darauf, dass die "Presse ausgeklammert" bleibt. Er bestritt grundsätzlich den Bedarf für eine solche Satzung, die eine "reine Modeerscheinung" sei. Der Freie-Wähler-Fraktionsvorsitzende Stefan Zeltner bemühte einen lange zurückliegenden Vorfall in der Stadt Berching, wo er selbst offenbar Verwaltungsmitarbeiter gewesen war. Damals sei der Verdacht einer PCB-Belastung von Schulhäusern aufgetaucht. Dies habe eine bundesweite Medienresonanz und Anwesenheit von Pressevertretern zur Folge gehabt. "Zwei Horrorwochen", sagte Zeltner. Bei seinem Vortrag wurde allerdings nicht klar, warum der Berchinger Kasus als Negativbeispiel für die praktische Anwendung einer Informationsfreiheitssatzung taugen sollte. Eine Satzung gab es damals dort nicht. Wäre sie in Kraft gewesen, dann hätte sie an der damals offenbar gewählten restriktiven Öffentlichkeitsarbeit der Kommune nichts geändert: Die im Landkreis Neumarkt beschlossenen Satzungen sehen allesamt Fristen und genaue Regularien für die Herausgabe von Informationen vor. Ergo: Im Konfliktfall hat das Rathaus auch mit Satzung weiter die Informations-Souveränität.

Stefan Zeltner sprach sich dagegen aus, dass "Journalisten mit einem Presseausweis einen Freibrief bekommen, sich alle Informationen aus dem Rathaus zu holen". Bei dieser Darstellung blieb unberücksichtigt, dass es in der Satzung klar definierte Gründe für die Ablehnung von Auskunftswünschen gibt, von einem "Freibrief" also überhaupt keine Rede sein würde. Journalisten erhalten im übrigen ihren quasi amtlichen Presseausweis unter Nachweis ihrer hauptberuflichen Tätigkeit von den Journalistengewerkschaften oder vom Verlegerverband. Befürchtungen über das vermeintlich unlautere Wirken von Medienvertretern sind offenbar weit verbreitet. Ein Gemeinderat wollte sich nicht ausmalen, "was Journalisten alles anstellen können".

Eine ausdrückliches Votum zu Pro und Kontra gemeindliche Presseauskunftsrechte gab es wie gesagt nicht mehr. Dies galt auch für die umstrittene Frage, ob der Informationsanspruch durch eine Gebührenerhebung behindert werden soll. Ein Verwaltungsmitarbeiter berichtete, bisher sei eine Gebühr von fünf Euro für eine Akteneinsicht festgelegt, aber nicht erhoben worden. Mit entwaffnender Offenheit sagte der Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung: "Die Praxis muss zeigen, ob wir künftig an der Kostenschraube drehen." Die Kommune habe aber nicht vor, Hürden aufzubauen.

Mit der Pyrbaumer Satzung gibt es im Landkreis Neumarkt 13 kommunale Informationsfreiheitsnormen. Damit kommen über 70.000 Bürger in den Genuss dieses Anspruchs. Die Kreisstadt Neumarkt mit über 40.000 Einwohnern hat das Ortsrecht bisher noch nicht beschlossen, obwohl alle Stadtratsfraktionen und angeblich auch OB Thomas Thumann eine solche Regelung wollen. Auch der Altlandrat und Neumarkter Bürgermeister Albert Löhner (CSU) ist ein streitbarer Befürworter kommunaler Informationsfreiheitssatzungen.

WOLF-DIETRICH NAHR